Ausstellung Gerhard Glück: «Das einfache Leben»

9. Dezember 2024

Smetana kopfüber, Hunde ohne Kondom, ein gestörter Monet und eine Schneeflöckchentaste im Cartoonmuseum Basel

«Wie soll ich Ihnen das Handy erklären, wenn Sie die Sterntaste andauernd Schneeflöckchentaste nennen?» fragt der junge Verkäufer genervt. Der ältere Herr blickt ihn nur verständnislos durch seine runden Brillengläser an.

Gerhard Glück
Gerhard Glück

Anders als im Titel angedeutet, ist das Leben der Figuren, die Gerhard Glücks Bilder bevölkern, nicht wirklich einfach. Davon kann man sich in der Ausstellung überzeugen, mit der das Cartoonmuseum auf das fünfzigjährige Schaffen des Malers und Cartoonisten zurückblickt. Nicht nur das Zusammenleben der Menschen birgt Probleme, sondern auch die Geräte, die ihren Alltag erleichtern sollen, und da geht es längst nicht nur um das Handy. So wartet zum Beispiel Herr M. am offenen Fenster stundenlang auf die Drohne, die ihm seinen abendlichen Wurstaufschnitt einfliegen sollte.

Gerhard Glück, der dieses Jahr 80 Jahre alt geworden ist, hat manche technische Neuerung miterlebt. Am Anfang erschienen seine Zeichnungen noch in Schwarzweiss, erst als es einfacher wurde, farbige Cartoons zu drucken, stellte er auf Farbe um. Und hatte das Gefühl, er beginne wieder ganz von vorne. Was man sich angesichts der meisterhaft gemalten Landschaften und Interieurs nur schwer vorstellen kann. Genauso wenig wie den Aufwand, den das Übermitteln der Druckvorlagen früher darstellte. Noch werden sie zwar nicht per Drohne in die Redaktionen geflogen, aber der Maler muss sie auch nicht mehr in letzter Minute einem Lokführer übergeben.

Smetana nimmt am Mittellauf der Moldau eine Hörprobe.
Smetana nimmt am Mittellauf der Moldau eine Hörprobe.

Kenner der Kunstgeschichte

Glücks erste komische Bilder waren Kunstparodien quer durch alle Epochen, ein Genre, dem das Cartoonmuseum einen ganzen Raum widmet. Hier kann man unter anderem miterleben, womit grosse Meister sich im Alltag beschäftigten und abmühten. Claude Monet wird beim Malen im Garten von einem Insektenschwarm attackiert und schlägt wild um sich. Darunter der lapidare Satz:  «An diesem Nachmittag kam Monet nicht mehr zum Malen!» Auch auf den übrigen Stockwerken wird scheinbar Alltägliches beleuchtet, ist das Gleichgewicht stets in Gefahr. Da sitzen sich gestandene Eheleute am Küchentisch gegenüber und füttern sich gegenseitig: «Die Bremers üben schon mal den Ernstfall».

Meist ist der Text zuerst da, wie Gerhard Glück im Gespräch erklärt und dann lachend anfügt: «Es ist immer Gott, der spricht, aber das Bild fehlt noch.» In einigen Fällen entsteht zuerst das Bild, das dann vielleicht gar keinen Text mehr braucht. Bei der Restaurantszene mit Hund bringt der Text allerdings das Verhältnis Mensch/Tier erst richtig zum Ausdruck. Oder auch bei der Hundehalterin und dem Hundehalter, die ihren Tieren beim Herumtollen zusehen bis die Frau sagt: «Ich hoffe, Ihr Hund trägt ein Kondom!».

Sag ihm wenn er furzt fliegt er raus.
Sag ihm wenn er furzt fliegt er raus.

Weitere Museumsräume zeigen Themen wie «Traumgedanken» oder «Zeichen und Wunder». Josef lässt im Stall zu Bethlehem das Neugeborene in der Krippe elegant durch den Heiligenschein springen. Oder zwei Kleriker hängen alten Zeiten nach: «Mit der Abschaffung der Gottesgerichte und Hexenverbrennungen haben wir sicher unsre publikumswirksamsten Events verloren!». Auch mit den Touristen geht Gerhard Glück hart ins Gericht, weil diese sich «In der Fremde» nicht gerade von ihrer rücksichtsvollsten Seite zeigen.

Es ist ein besonderer Glücksfall, dass da einer die Malerei, die Karikatur und den Wortwitz gleichermassen beherrscht und in seinen kleineren und grösseren Dramen sich über alle und alles lustig macht, ohne je anbiedernd oder geschmacklos zu werden. Seit Jahrzehnten erscheinen Glücks Cartoons regelmässig in verschiedenen Zeitschriften, unter anderem im «NZZ Folio». Daneben hat er immer auch Bücher illustriert, zum Beispiel von Heinz Erhardt oder Joachim Ringelnatz. Seine Arbeiten wurden mehrfach preisgekrönt und in zahlreichen Museen gezeigt. Das Cartoonmuseum Basel widmete ihm bereits vor über 25 Jahren eine Ausstellung; die jetzige grosse Gerhard Glück-Retrospektive läuft bis zum 9. März 2025.

Manchmal erkennt man Paar-Probleme auf den ersten Blick.
Manchmal erkennt man Paar-Probleme auf den ersten Blick.

Alle Bilder © Gerhard Glück

Aktuelles Ausstellung Gerhard Glück: «Das einfache Leben»

9. Dezember 2024
Gerhard Glück
Gerhard Glück

Smetana kopfüber, Hunde ohne Kondom, ein gestörter Monet und eine Schneeflöckchentaste im Cartoonmuseum Basel

«Wie soll ich Ihnen das Handy erklären, wenn Sie die Sterntaste andauernd Schneeflöckchentaste nennen?» fragt der junge Verkäufer genervt. Der ältere Herr blickt ihn nur verständnislos durch seine runden Brillengläser an. Anders als im Titel angedeutet, ist das Leben der Figuren, die Gerhard Glücks Bilder bevölkern, nicht wirklich einfach. Davon kann man sich in der Ausstellung überzeugen, mit der das Cartoonmuseum auf das fünfzigjährige Schaffen des Malers und Cartoonisten zurückblickt. Nicht nur das Zusammenleben der Menschen birgt Probleme, sondern auch die Geräte, die ihren Alltag erleichtern sollen, und da geht es längst nicht nur um das Handy. So wartet zum Beispiel Herr M. am offenen Fenster stundenlang auf die Drohne, die ihm seinen abendlichen Wurstaufschnitt einfliegen sollte.

 

Smetana nimmt am Mittellauf der Moldau eine Hörprobe.
Smetana nimmt am Mittellauf der Moldau eine Hörprobe.

Gerhard Glück, der dieses Jahr 80 Jahre alt geworden ist, hat manche technische Neuerung miterlebt. Am Anfang erschienen seine Zeichnungen noch in Schwarzweiss, erst als es einfacher wurde, farbige Cartoons zu drucken, stellte er auf Farbe um. Und hatte das Gefühl, er beginne wieder ganz von vorne. Was man sich angesichts der meisterhaft gemalten Landschaften und Interieurs nur schwer vorstellen kann. Genauso wenig wie den Aufwand, den das Übermitteln der Druckvorlagen früher darstellte. Noch werden sie zwar nicht per Drohne in die Redaktionen geflogen, aber der Maler muss sie auch nicht mehr in letzter Minute einem Lokführer übergeben.

 

Kenner der Kunstgeschichte

Glücks erste komische Bilder waren Kunstparodien quer durch alle Epochen, ein Genre, dem das Cartoonmuseum einen ganzen Raum widmet. Hier kann man unter anderem miterleben, womit grosse Meister sich im Alltag beschäftigten und abmühten. Claude Monet wird beim Malen im Garten von einem Insektenschwarm attackiert und schlägt wild um sich. Darunter der lapidare Satz:  «An diesem Nachmittag kam Monet nicht mehr zum Malen!» Auch auf den übrigen Stockwerken wird scheinbar Alltägliches beleuchtet, ist das Gleichgewicht stets in Gefahr. Da sitzen sich gestandene Eheleute am Küchentisch gegenüber und füttern sich gegenseitig: «Die Bremers üben schon mal den Ernstfall».

Meist ist der Text zuerst da, wie Gerhard Glück im Gespräch erklärt und dann lachend anfügt: «Es ist immer Gott, der spricht, aber das Bild fehlt noch.» In einigen Fällen entsteht zuerst das Bild, das dann vielleicht gar keinen Text mehr braucht. Bei der Restaurantszene mit Hund bringt der Text allerdings das Verhältnis Mensch/Tier erst richtig zum Ausdruck. Oder auch bei der Hundehalterin und dem Hundehalter, die ihren Tieren beim Herumtollen zusehen bis die Frau sagt: «Ich hoffe, Ihr Hund trägt ein Kondom!»

Sag ihm wenn er furzt fliegt er raus.
Sag ihm wenn er furzt fliegt er raus.

Weitere Museumsräume zeigen Themen wie «Traumgedanken» oder «Zeichen und Wunder». Josef lässt im Stall zu Bethlehem das Neugeborene in der Krippe elegant durch den Heiligenschein springen. Oder zwei Kleriker hängen alten Zeiten nach: «Mit der Abschaffung der Gottesgerichte und Hexenverbrennungen haben wir sicher unsre publikumswirksamsten Events verloren!». Auch mit den Touristen geht Gerhard Glück hart ins Gericht, weil diese sich «In der Fremde» nicht gerade von ihrer rücksichtsvollsten Seite zeigen.

Manchmal erkennt man Paar-Probleme auf den ersten Blick.
Manchmal erkennt man Paar-Probleme auf den ersten Blick.

Es ist ein besonderer Glücksfall, dass da einer die Malerei, die Karikatur und den Wortwitz gleichermassen beherrscht und in seinen kleineren und grösseren Dramen sich über alle und alles lustig macht, ohne je anbiedernd oder geschmacklos zu werden. Seit Jahrzehnten erscheinen Glücks Cartoons regelmässig in verschiedenen Zeitschriften, unter anderem im «NZZ Folio». Daneben hat er immer auch Bücher illustriert, zum Beispiel von Heinz Erhardt oder Joachim Ringelnatz. Seine Arbeiten wurden mehrfach preisgekrönt und in zahlreichen Museen gezeigt. Das Cartoonmuseum Basel widmete ihm bereits vor über 25 Jahren eine Ausstellung; die jetzige grosse Gerhard Glück-Retrospektive läuft bis zum 9. März 2025.

Alle Bilder © Gerhard Glück