Gesellschaft Teddy Summer 2005

Vom Bettvorleger zum Bettgenossen

Wie aus einem Raubtier ein Schmusetier wurde

 

Junge Bären sind herzig, grosse Bären nicht. Allenfalls die kleinen runden Ohren kann man als niedlich bezeichnen, und das dicke Fell und der tapsige Gang haben etwas Gemütliches. Aber sonst? Ihre Augen sind klein und listig, und die lange Schnauze wirkt eher furchteinflössend. Ganz zu schweigen von den Tatzen mit den langen Krallen. Kommt dazu, dass Bären, anders als Hunde und Katzen, keinerlei Mimik haben. Es ist nicht abzulesen, was das Tier fühlt oder als Nächstes vorhat.

Unzählige Märchen und Geschichten handeln unterschwellig von der erotischen Ausstrahlung des Bären, so jedenfalls erklärt es die Wissenschaft. Frauen, so heisst es, seien fasziniert von der umwerfenden Kraft des Tieres und träumten vom hautnahen Kontakt mit dem Pelz von Meister Petz, während Männer in ihm zu Recht einen Rivalen sähen. Sicher mag es herrlich sein, sich an ein Bärenfell zu kuscheln, vorausgesetzt, sein Besitzer hat bereits das Zeitliche gesegnet.

Bären haben es nicht auf Menschen abgesehen. Sie wollen nur in Ruhe gelassen werden. Und sie brauchen Platz. Vor allem deshalb sahen unsere Vorfahren im Bären eine Bedrohung und ruhten nicht eher, bis sie auch noch das letzte lebende Tier abgeknallt hatten. In Graubünden war das um 1920, in Zürich bedeutend früher. Ausgestopft oder als dekorativer Bodenbelag war der Bär hingegen willkommen. So kann man ihm sogar kleine Kinder anvertrauen. Vielleicht wollte man mit den Fotos von nackten Babies auf Eisbärenfellen andeuten, dass auch noch das schwächste Menschlein über die wilde Natur triumphiert.

Kaum ausgerottet, hielt der Bär wieder Einzug in unser Leben. Als Spielzeug. Aber was für ein Bär! Die Tatzen wurden zu harmlosen Pfötchen, die Krallen nur noch als Stickerei angedeutet. Dafür wurden die Augen grösser und der Blick treuherziger. Vor allem aber die Schnauze schrumpfte zum Stumpfnäschen. In dieser Form konnte man das bewunderte Tier endlich in den Armen halten und beschmusen, ohne irgendwo anzuecken. Der Teddy war geboren.

Kein Kinderzimmer, kein Kinderbett ohne Teddy, gewiss. Aber die wahren Fans sind eindeutig die Erwachsenen. Vom jungen Börsenfachmann mit Teddy-Maskottchen über die Oma mit zehn kleinen Bärchen auf dem Bett bis zum Ehepaar mit einer Sammlung von 5000 oft sündhaft teuern Exemplaren – das Teddy-Fieber geht durch alle Schichten und Altersgruppen und befällt garantiert nicht nur Frauen. Und es ist international: Teddybär-Spezialgeschäfte, Teddy-Clubs, Teddy-Zeitschriften und Teddybär-Museen gibt es in Grossbritannien genauso wie in Japan, in den USA wie in Südafrika, und auch die Schweiz hält tapfer mit. Natürlich werden die Bärenfans von manchen belächelt. Aber der echte Teddyaner lächelt weise zurück. Er weiss: Wer ohne Plüschbär durchs Leben geht, hat seinen Teddy einfach noch nicht gefunden. Wer weiss, vielleicht steht er an der nächsten Strassenecke, irgendwo in Zürich-City.

Gesellschaft Teddy Summer 2005

Vom Bettvorleger zum Bettgenossen

Wie aus einem Raubtier ein Schmusetier wurde

 

Junge Bären sind herzig, grosse Bären nicht. Allenfalls die kleinen runden Ohren kann man als niedlich bezeichnen, und das dicke Fell und der tapsige Gang haben etwas Gemütliches. Aber sonst? Ihre Augen sind klein und listig, und die lange Schnauze wirkt eher furchteinflössend. Ganz zu schweigen von den Tatzen mit den langen Krallen. Kommt dazu, dass Bären, anders als Hunde und Katzen, keinerlei Mimik haben. Es ist nicht abzulesen, was das Tier fühlt oder als Nächstes vorhat.

Unzählige Märchen und Geschichten handeln unterschwellig von der erotischen Ausstrahlung des Bären, so jedenfalls erklärt es die Wissenschaft. Frauen, so heisst es, seien fasziniert von der umwerfenden Kraft des Tieres und träumten vom hautnahen Kontakt mit dem Pelz von Meister Petz, während Männer in ihm zu Recht einen Rivalen sähen. Sicher mag es herrlich sein, sich an ein Bärenfell zu kuscheln, vorausgesetzt, sein Besitzer hat bereits das Zeitliche gesegnet.

Bären haben es nicht auf Menschen abgesehen. Sie wollen nur in Ruhe gelassen werden. Und sie brauchen Platz. Vor allem deshalb sahen unsere Vorfahren im Bären eine Bedrohung und ruhten nicht eher, bis sie auch noch das letzte lebende Tier abgeknallt hatten. In Graubünden war das um 1920, in Zürich bedeutend früher. Ausgestopft oder als dekorativer Bodenbelag war der Bär hingegen willkommen. So kann man ihm sogar kleine Kinder anvertrauen. Vielleicht wollte man mit den Fotos von nackten Babies auf Eisbärenfellen andeuten, dass auch noch das schwächste Menschlein über die wilde Natur triumphiert.

Kaum ausgerottet, hielt der Bär wieder Einzug in unser Leben. Als Spielzeug. Aber was für ein Bär! Die Tatzen wurden zu harmlosen Pfötchen, die Krallen nur noch als Stickerei angedeutet. Dafür wurden die Augen grösser und der Blick treuherziger. Vor allem aber die Schnauze schrumpfte zum Stumpfnäschen. In dieser Form konnte man das bewunderte Tier endlich in den Armen halten und beschmusen, ohne irgendwo anzuecken. Der Teddy war geboren.

Kein Kinderzimmer, kein Kinderbett ohne Teddy, gewiss. Aber die wahren Fans sind eindeutig die Erwachsenen. Vom jungen Börsenfachmann mit Teddy-Maskottchen über die Oma mit zehn kleinen Bärchen auf dem Bett bis zum Ehepaar mit einer Sammlung von 5000 oft sündhaft teuern Exemplaren – das Teddy-Fieber geht durch alle Schichten und Altersgruppen und befällt garantiert nicht nur Frauen. Und es ist international: Teddybär-Spezialgeschäfte, Teddy-Clubs, Teddy-Zeitschriften und Teddybär-Museen gibt es in Grossbritannien genauso wie in Japan, in den USA wie in Südafrika, und auch die Schweiz hält tapfer mit. Natürlich werden die Bärenfans von manchen belächelt. Aber der echte Teddyaner lächelt weise zurück. Er weiss: Wer ohne Plüschbär durchs Leben geht, hat seinen Teddy einfach noch nicht gefunden. Wer weiss, vielleicht steht er an der nächsten Strassenecke, irgendwo in Zürich-City.