Kunst | Design Verdacht

Kapitel 48 ist dem Fleck gewidmet. Andere Kapitel sind mit „Kollision“, „Fischgräte“ oder „Sollbruchstelle“ überschrieben. Das ganze Büchlein ist eine einzige Fundgrube für Verzwicktes und Vertracktes, ein Quell der Freude, der Schadenfreude vor allem. Es trägt den Titel „Die Tücke des Objekts“ und ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die 1991 im Museum für Gestaltung in Basel gezeigt wurde. Dem unscheinbaren Werk ist ein auffallend rotes Lesebändchen beigefügt. Dieses wurde aber - Tücke des Objekts - nicht festgemacht und geht deshalb sofort verloren. Noch tückischer ist der Umstand, dass das vielseitige Buch keine Seitenzahlen und also auch kein Inhaltsverzeichnis aufweist. So weit so originell. Blöd ist nur, dass ausgerechnet diese kaum bekannte Publikation heimliches Vorbild für viele Gestalterinnen und Gestalter zu sein scheint. Wie anders ist es zu erklären, dass bei manchen Druckerzeugnissen alles darangesetzt wird, dem Leser und der Leserin den Inhalt vorzuenthalten. Da werden Schriften gewählt, die vielleicht gut aussehen, aber sicher nicht gut lesbar sind, wenn möglich in einem Farbton, der sich nur minim vom Untergrund abhebt. Und da werden vor allem die Seitenzahlen an Orten versteckt, wo sie keiner erwartet. Auf Häuser übertragen würde das heissen: Man bringt die Hausnummern in Briefmarkengrösse neben dem Schlüsselloch an oder gleich auf dem Dach.

Meine kleinliche und humorlose Reaktion auf so viel Kreativität wird nur noch übertroffen von meinen Hintergedanken. Erst vermutete ich schlicht eine Verarschung der Leserschaft. Mittlerweile fürchte ich, dass alles viel einfacher ist: So wie Frauenkleider meist von Männern entworfen und Lebensmittel-abteilungen von Nichtkochern eingerichtet werden, so wird Lesestoff eben von Nichtlesern gestaltet.

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Kapitel 48 ist dem Fleck gewidmet. Andere Kapitel sind mit „Kollision“, „Fischgräte“ oder „Sollbruchstelle“ überschrieben. Das ganze Büchlein ist eine einzige Fundgrube für Verzwicktes und Vertracktes, ein Quell der Freude, der Schadenfreude vor allem. Es trägt den Titel „Die Tücke des Objekts“ und ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die 1991 im Museum für Gestaltung in Basel gezeigt wurde. Dem unscheinbaren Werk ist ein auffallend rotes Lesebändchen beigefügt. Dieses wurde aber - Tücke des Objekts - nicht festgemacht und geht deshalb sofort verloren. Noch tückischer ist der Umstand, dass das vielseitige Buch keine Seitenzahlen und also auch kein Inhaltsverzeichnis aufweist. So weit so originell. Blöd ist nur, dass ausgerechnet diese kaum bekannte Publikation heimliches Vorbild für viele Gestalterinnen und Gestalter zu sein scheint. Wie anders ist es zu erklären, dass bei manchen Druckerzeugnissen alles darangesetzt wird, dem Leser und der Leserin den Inhalt vorzuenthalten. Da werden Schriften gewählt, die vielleicht gut aussehen, aber sicher nicht gut lesbar sind, wenn möglich in einem Farbton, der sich nur minim vom Untergrund abhebt. Und da werden vor allem die Seitenzahlen an Orten versteckt, wo sie keiner erwartet. Auf Häuser übertragen würde das heissen: Man bringt die Hausnummern in Briefmarkengrösse neben dem Schlüsselloch an oder gleich auf dem Dach.

Meine kleinliche und humorlose Reaktion auf so viel Kreativität wird nur noch übertroffen von meinen Hintergedanken. Erst vermutete ich schlicht eine Verarschung der Leserschaft. Mittlerweile fürchte ich, dass alles viel einfacher ist: So wie Frauenkleider meist von Männern entworfen und Lebensmittel-abteilungen von Nichtkochern eingerichtet werden, so wird Lesestoff eben von Nichtlesern gestaltet.

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